chrisTINA @ jacobINA



22 Oktober 2008

angekommen im viertel bananeira | jacobina

wie gewoehnt sich eine verweichlichte mitteleuropaerin an das abwechslungsreiche klima in bahias nordosten? mit einer ordentlichen erkaeltung natuerlich... *haaatschi* schon wenige tage nach meiner ankunft haben mir die liebkosungen des treuwehenden windes in jacobina ordentlich zugesetzt und mich fuer einige tage in die horizontale gezwungen. ich muss erst lernen, ihn wie die kids hier auf die leichte schulter zu nehmen und so wie sie mit flatternden faehnchen durch die gassen zu laufen.

fotos: unterwegs nach jacobina

wie gesagt ist das wetter hier ein wenig unstet (kaelte, regen und hitze wechseln sich ab), aber das liegt vielleicht am verkehrten april, der ja in der suedlichen hemisphaere oktober heisst. hier faengt grad alles zu wachsen und gedeihen an und ich kriege lust, das plaetzchen vor unserem haus weiter zu bepflanzen. "unser" haus liegt wenige meter von meinem arbeitsplatz, der "fazendinha", entfernt. ich wohne hier mit einem 17jaehrigen waisen namens allan, der wohl ein paar ersatzmuetterliche instruktionen punkto lernen etc. von mir erhalten soll. mit einem schlag bin ich hier in jacobina also zur pflegemutter geworden (die fuer paedagogische tipps bezueglich adoleszenter mehr als dankbar ist). im moment bin allerdings eher ich die lernende und quael mich mit allen moeglichen portugiesischen vokabeln ab, die mir allan dann geduldig 5 mal hintereinander erklaert. im gegenzug moechte allan gerne deutsch lernen, also besteht unsere tischkonversation darin, alle gegenstaende vom teller bis zum brot auf portugiesisch und deutsch zu benennen, was mitunter ziemlich witzig ist.

weitere 80 kids im alter von 1 bis 18 werden in der fazendinha betreut, die vormittags und nachmittags ihre tore oeffnet - und zwar jeweils fuer jene, die gerade nicht schule haben. der unterricht in brasiliens schulen laeuft naemlich im schichtbetrieb, ein teil wird vormittags unterrichtet, ein teil nachmittags und die aelteren abends. die kids sind sehr ungestuem und aufgeweckt aber auch sehr lieb und wiederholen was ich nicht verstehe ebenso geduldig wie ihre namen, die ich mir erst allmaehlich merke. neben der taeglichen hausuebungsunterstuetzung koennen sie in der fazendinha spielen - mit ausgepraegter vorliebe "uno", denn viel mehr steht an spielen nicht zur verfuegung -, handarbeiten (malen, sticken, weben etc.) oder sich 2 mal pro woche in capoeira ueben. 5 frauen betreuen die kinder in der fazendinha. meine arbeit beschraenkt sich bisher hauptsaechlich auf spielerische teilhabe, sprich auf uno und auf - was meinen part betrifft - so was aehnliches wie capoeira... ab naechster woche werde ich mich im unterrichten von englisch versuchen, woran es hier leider mehr als mangelt.

fotos: kids und betreuerinnen in der fazendinha

mit einem grossen hund namens lila hab ich mich auch schon angefreundet. einerseits in ermangelung von zugaenglichen katzen und darueber hinaus ist lila die erste vegetarische huendin, die ich kennenlernen durfte und mir somit richtig sympathisch ;-). am sonntag haben wir mit ihr einen spaziergang in die anhoehen unternommen und fanden uns ploetzlich inmitten eines urwaldes wieder, was ich angesichts der karg wirkenden berge rundum ueberraschend und toll fand. nicht allzu weit sollen sich auch zwei cachoeiras (= wasserfaelle) befinden, auf die ich schon sehr gespannt bin.

natuerlich sind viele dinge neu und gewoehnungsbeduerftig. erst nach einigen tagen gelang es mir, das strassenbild vom muell gefiltert zu fokussieren und die ungezaehmte schoenheit der natur hier richtig wahrzunehmen. gleichzeitig wachsen ideen - wie muellsammelaktionen - in meinem kopf, womit ich aber sicher nicht die erste bin. na, "schau ma moi", was da draus wird... ;-)

das "schau ma moi" war auch die erste phrase in der deutschstunde mit marineide - eine der schwestern der gemeinschaft "irmandade divino espírito santo" - die mich mit oesterreichischen ausspruechen wie "bitte gor schen" oder "gemma" in erstaunen versetzt hat. aufgrund der oesterreichischen spendergemeinde, die die arbeit von padre josef hehenberger und den schwestern in jacobina unterstuetzt, verstehen isabel und marineide doch einige worte deutsch und sind begeistert am erweitern ihrer kenntnisse.

auch die vielen versperrten tueren und eingezaeunten haeuser und grundstuecke zeugen von einer vollkommen anderen realitaet. einer, die zum einen das mit mueh und not erarbeitete bisschen hab und gut schuetzen muss und zum anderen zufaellig vorbeikommende bekannte ganz selbstverstaendlich zum essen einlaedt ohne sich dabei um die fehlenden lebensmittel fuer den naechsten tag zu sorgen.

fotos: erste tage in jacobina

an die vielen kleinen und groesseren haustiere hab ich mich beinah auch schon gewoehnt und muss schreie angesichts von kakerlaken nicht mehr unterdruecken sondern erschlage sie stumm, eiskalt und ohne mit der wimper zu zucken. hin und wieder entkommt mir anschliessend dann doch ein leises *igitt* ;-).

bis bald, um beijo

ps
und um ein klischee ueber brasilien zu bestaetigen - naemlich das der ewig fernschauenden bevoelkerung - muss ich noch erzaehlen, dass ich meine erste messe bei den schwestern im tv gesehen hab, was ich doch recht erstaunlich fand. "graças a deus" (= gottseidank) haben wir in unserem bescheidenen heim kein tv.

2 Kommentare:

rocardo hat gesagt…

Liebe Christina!

Viele spannende Erlebnisse und neue Erfahrungen wünsche ich Dir. Gelegentlich werfe ich einen interessierten Blick in Deine Blog-Texte. Alles Gute für die nächsten Monate von Deinem ehemaligen HAK-Lehrer.

Unknown hat gesagt…

Hi Christina,
Hört sich echt spannend an, Deine ersten Tagen in Brasilien. Viel Spaß und hoffentlich gewöhnst Du Dich bald an das Wetter :-)!
LG aus dem grauen Brüssel,
Edith